Wes Geistes Kind bist Du?
Haltung wirkt auch nonverbal
Der Ausdruck stammt ursprünglich aus der Bibel (Lukas 9,55), und meint:
Welche Haltung, welche Gesinnung wirkt in Dir?
Zorn oder Barmherzigkeit, Misstrauen oder Mut?
Man sieht, hört oder spürt, welcher Geist in Dir wirkt:
– an deiner Wortwahl
– an deinem Tonfall
– an Deiner Mimik, der Bewegung deiner Mundwinkel
– an deinen hochgezogenen Augenbrauen, deinem fragenden Blick
– am Leuchten in deinen Augen – oder den vor Angst geweiteten Pupillen
– an deiner ganzen Körpersprache, die etwas von dir erzählt.
Kurz gesagt: Man merkt, „wes Geistes Kind“ Du bist.
Gerade an Pfingsten lohnt es sich, über diesen „Geist“ nachzudenken;
über den inneren Antrieb, der uns bewegt, miteinander in Verbindung zu treten, einander zu verstehen.
Und über das Wunder, dass dies manchmal sogar über große Unterschiede hinweg gelingt.

Ich kann Dich verstehen, auch ohne Worte
Lautlose Kommunikation
Erlebt habe ich es in einem überfüllten, öffentlichen Bus in Guatemala oder Mexico; ich weiß nicht mehr genau wo es war. Zwei junge Frauen stehen neben mir an der Haltestange und unterhalten sich begeistert und engagiert. Völlig lautlos und mit vielen Handbewegungen.
Ich erkenne recht schnell: es ist Gebärdensprache. Fasziniert versuche ich, dem Gespräch zu folgen. Nein, ich kann keine Gebärdensprache, und sie ist ja auch nicht international gültig. Aber dennoch “verstehe” ich, worum es geht und welche Eindrücke und Emotionen die beiden miteinander teilen. Ein Moment echter Verbindung, jenseits von Grammatik und Wortschatz.
Als die beiden bemerken, dass ich “zuhöre”, kichern sie ein bisschen, lächeln und grüßen nett zu mir herüber – und drehen sich dann ein bisschen mehr zur Seite – sie wollen wohl mehr Diskretion.
Solche Begegnungen haben mich schon immer fasziniert. Kommunikation funktioniert auf so vielen Ebenen. Sprache ist ein wichtiges Werkzeug – aber nicht das einzige.
Wir senden und empfangen ständig – über Mimik, Körpersprache, Haltung.
Wenn viele Sprachen eins werden
Verstehen ohne Vokabel-Lernen
Szenenwechsel: eine Wanderwoche in Österreich.
Der erste Abend beginnt mit einem wilden Sprachenmix. Ich lande an einem Tisch mit einem Franco-Amerikaner, einer Deutschen mit französischen Grundkenntnissen, einer Französin mit sehr guten Spanisch- und Italienisch-Kenntnissen, einem Franzosen, der nichts anderes versteht und einer Deutschen, die lediglich Englisch als Alternative anzubieten hat.
Ich denke irgendwann “so war es wohl an Pfingsten”, höre Fetzen aus jeder der erwähnten Sprachen über den Tisch hin und her fliegen. Erst scheint es mühsam. Dann fließt es.
In einer kurzen Atempause realisiere ich, dass ich längst aufgegeben habe, zu sortieren, welche Sprache ich gerade höre und spreche – und was ich da für wen übersetze.
Es passiert ausschließlich intuitiv; ein unglaubliches Gefühl, daran mitzuwirken, dass Menschen sich wirklich verstehen.

Babel und Pfingsten: Scheitern und Gelingen
Die Bibel erzählt spannende Geschichten über Sprache und Verstehen.
Der Turmbau zu Babel (Genesis 11):
wenn Kommunikation scheitert
Menschen wollen einen Turm bauen, der bis in den Himmel reicht.
Eine gemeinsame Idee, und doch verfolgt jede/r ganz eigene Ziele: Macht, Kontrolle, Unabhängigkeit.
Darüber geraten sie in Unverständnis, in Abgrenzung. Plötzlich reden alle in unterschiedlichen Sprachen – und verstehen sich nicht mehr.
Das Projekt scheitert. Die Menschen zerstreuen sich in alle Winde – über die ganze Erde.
Ein Bild für das, was passiert, wenn Kommunikation abreißt.
Wenn nur noch das eigene Ziel zählt – und nicht mehr der gemeinsame Sinn.

Das Pfingstereignis (Apostelgeschichte 2):
wenn Sprache verbindet
Viele Jahrhunderte später: Ein Raum voller verunsicherter Menschen.
Dann: Wind, Feuerzungen, neue Sprachen – und plötzlich hören Menschen aus aller Welt dieselbe Botschaft, jede/r in der Muttersprache.
Aus Verwirrung wird Verstehen, aus Angst wird Aufbruch.
Nicht Spaltung, sondern Verbindung ist hier das Zeichen des Geistes.
Verständigung wird möglich – gerade in der Vielfalt.
Begeisterung braucht Geist
Was uns erfüllt, das verbindet uns auch
Das Wort „Begeisterung“ meint ursprünglich:
erfüllt sein von Geist – im religiösen wie im existenziellen Sinn.
Be-Geist-ert ist, wer innerlich brennt. Wer Sinn, Kraft und Verbindung spürt.
An Pfingsten geht es genau darum: Menschen spüren eine neue innere Ausrichtung.
Sie sind ergriffen, inspiriert – und bereit, ihre Stimme zu erheben.
Das kann auch heute noch geschehen – in kleinen, menschlichen Begegnungen.
Wenn wir einander wirklich zuhören.
Wenn wir Vielfalt nicht als Bedrohung, sondern als Reichtum erleben.
Wenn wir bereit sind, nicht nur mit dem Verstand, sondern auch mit dem Herzen zu verstehen.
Verstehen ist mehr als Wissen
Echtes Zuhören braucht Haltung
Das Wort „verstehen“ kommt vom Althochdeutschen farstān – „davor stehen“,
im übertragenen Sinn: etwas genau betrachten, erkennen, begreifen.
Verstehen ist nicht nur eine kognitive Leistung – es ist eine Haltung.
Es bedeutet:
– sich Zeit zu nehmen
– hinzusehen, hinzuhören
– sich einzulassen
– auch das Ungewohnte zuzulassen
Doch Begeisterung allein genügt nicht, verstehen ist mehr als ein einmaliger, emotionaler Funke.
Verstehen ist ein Akt der Empathie.

Sprache hat Grenzen, Verbindung nicht
Kommunikation geht über Worte hinaus
Schon früh habe ich gelernt, dass Sprache allein nicht reicht.
Mein Bruder hat eine angeborene starke Einschränkung der sprachlichen Fähigkeiten und konnte sich nicht klar artikulieren – aber ich verstand ihn.
Weil ich ihn kannte und ernst nahm. Weil ich hören wollte, was er mitteilen wollte.
Als Kinder akzeptieren wir viel leichter unsere Verschiedenheiten.
Heute übersetze ich oft zwischen Welten – sprachlich, aber auch darüber hinaus.
Zwischen Emotion und Argument. Zwischen Gefühl und Struktur.
Zwischen Perspektiven – auch den verschiedenen Sichtweisen, die in einem einzelnen Menschen miteinander im Konflikt liegen; zum Beispiel, wenn das Innere Team mal wieder in erbitterte Diskussionen verstrickt ist oder alte Glaubenssätze auf neue Erkenntnisse treffen.
Vielfalt zu verstehen ist eine Grundkompetenz des Menschseins.
Und sie beginnt mit der Bereitschaft, nicht alles sofort einordnen zu wollen.
Sondern zunächst einmal nur da zu stehen, wahrzunehmen – und offen zu bleiben.
Pfingsten heute: Lass den Funken überspringen
Begeistert und miteinander verbunden
Ich glaube: Pfingsten geschieht überall dort, wo wir uns verständigen.
Wo wir einander erkennen.
Wo wir einander Mut machen, über Sprachgrenzen hinweg.
Wo Begeisterung sich ausbreitet, weil ein Funke überspringt.
Pfingsten ist mehr als ein Kirchenfest. Es ist ein Impuls, ein innerer Aufbruch.
Der Moment, in dem sich Türen öffnen – und Herzen auch.
Lass dich begeistern – vom Geist der Verbindung.
Vielleicht ist ja gerade heute ein guter Moment, zuzuhören, hinzusehen und einen Funken überspringen zu lassen.

Diese Pfingst-Gedanken setzen meine Reihe von Blogbeiträgen zu christlichen Festen fort. Ich versuche, eine Verbindung zwischen überlieferten Traditionen und aktueller Deutung herzustellen, um wertvolle Aspekte wieder be-greifbar zu machen.
Bisher veröffentlicht:
Karfreitag: Wer hält den Himmel fest?
zu Ostern: Könnte ja gut werden
Himmelfahrt: Eine Brücke zum Himmel
Die Reihe wird fortgesetzt.

Ich bin SeelenFürSorgerin und Coach
und auch Künstlerin, Bloggerin und Wahl-Ostfriesin.
Als Theologin und Pädagogin begleite ich Menschen auf ihrem Veränderungsweg
und verschenke auf meinem Blog Lächel-Impulse für mehr Lebensfreude.
Monatlich am 27. erscheint mein Lächel-Letter, den Du hier abonnieren kannst.
Wenn Du individuelle Unterstützung beim Wiederfinden Deiner Lebensfreude möchtest
oder bei der Suche nach Deinem Sinn im Leben – dann schreib mir eine Mail.
Im 1:1 Coaching online oder live begleite ich dich ein Stück auf Deinem Weg zu Dir selbst.
Dann bin ich für Dich da – mit Herzenswärme, Humor und viel Geduld.
Welch wunderschöne Pfingstgedanken. Danke vielmals dafür, liebe Lydia. Ja, Sprache ist so viel mehr und im DASEIN und aufeinander eingelassen entsteht immer wieder eine neue Verbindung. Pfingsten erinnert und ermutigt uns dazu.
Das Da-Sein. So ganz und gar – und nicht gleich mit dem Blick auf einen Nachfolgtermin oder auf das, was ich davon haben werde – dieses Da-Sein brauchen wir wie Luft zum Atmen und Wasser zum Trinken.
Und alles, was wir uns von anderen wünschen, dürfen wir auch selbst tun. Für andere – und auch für uns selbst. Manchmal sind wir nämlich die Einzigen. Außer Gott. Der ist immer da. Ganz. Auch wenn wir das nicht immer wahrnehmen können.
Genau, liebe Lydia,
für uns selber Da-Sein, ohne Wenn und Aber, das vergessen wir gerne einmal. Wie schön, dass Du das ansprichst. Dabei entstehen ganz von selbst für mich Gespräche mit meinem Schutzengel und immer öfter auch gleich mit Gott, dem immerwährenden „Ich bin da“.