Türchen 12 Advent 2024

Am Esstisch

Ein Sonntag im Spätwinter 1991

Vor mir liegen Landkarten und Reiseführer ausgebreitet. México steht drauf – und ich sitze völlig vertieft davor. Vorfreude auf den roten Wangen, Abenteuerlust in den Fingern. Ich lese Empfehlungen zu attraktiven Orten, Erfahrungen über Unterkünfte und Buslinien, lasse ein Bild in mir aufsteigen und bin schon wieder halb in Mexico.

Vor knapp zwei Jahren habe ich dieses Land kennengelernt – ja, lieben gelernt. Und in ein paar Monaten geht es weiter mit dem Kennenlernen. In meinem Kopf läuft schon wieder Mariachi und Merengue Musik und die Füße können nicht mehr stillhalten. Wohin soll es denn dieses Jahr gehen – das ist die Frage aller Fragen. Dieses Land ist so groß, das kann nur in Etappen entdeckt werden, zumindest jetzt, da wir an die Schulferien gebunden sind und immer nur ein paar Wochen am Stück nutzen können.

Ich nehme den Süden näher in den Blick. Die Bilder und Beschreibungen über Chiapas an der Grenze zu Guatemala faszinieren mich total. Und Yucatán wäre toll – mit viel Strand. Langsam entsteht ein Plan. Ich nehme die Kopie der Landkarte (eine der Kopien – denn ich habe mir gleich ein paar davon gemacht) und zeichne eine mögliche Route ein. Mit empfohlenen Übernachtungs-Stops und attraktiven Zielen, die einen Besuch wert wären. Natürlich auch solche, die einem 7jährigen Spaß machen könnten – nicht nur tote Steine. Ein Zoo, Schnorcheln, ein altes Fort, Wasserfälle, da findet sich eine ganze Menge.

Das Reise-Puzzle setzt sich nach und nach zusammen. Es wird nicht bei diesem einem Planungs-Tag bleiben. Ich genieße die Vorfreude, diese Gestaltung ganz intensiv. Wir werden nichts vorab buchen. Lediglich der früheste Abreisetag und der späteste Rückflugtag stehen fest. Wir fliegen standby, suchen uns vor Ort jeweils ein Hotel oder eine Pension und fahren mit dem Bus dann weiter, wenn uns danach ist.

Mir gehen beim vielen Herumprobieren inzwischen die kopierten Landkarten aus – ich schalte auf Handbetrieb um und übe mich im Zeichnen der Silhouette von Mexico, den südlichen Bundesstaaten Oaxaca, Chiapas und Yucatán. Ich skizziere die Hauptverbindungsstraßen und markiere die Ausflugspunkte und die Bus-Transferzeiten von Ort zu Ort. Langsam entsteht ein Urlaubs-Gerüst.

Es ist Zeit fürs Abendessen, der Tisch wird gebraucht. Mein Mann und mein Sohn fragen, was ich eigentlich den ganzen Nachmittag gemacht habe. Kommentarlos zeige ich meine gezeichnete Karte und verspreche, beim Essen mehr davon zu erzählen.

Ich räume meinen Planungs-Schatz sorgfältig zusammen. Obendrauf bleibt die selbst gezeichnete Landkarte liegen. Sie ist wie ein Versprechen für den gelingenden Urlaub – und jedes Mal, wenn mein Blick darauf fällt, zaubert es ein Lächeln auf mein Gesicht.

Landkarten können Erinnerungen und Vorfreude wecken
und so ein Lächeln aufs Gesicht zaubern.

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