Türchen 01 Adventskalender 2024

Im Bus

Schienenersatzverkehr – dicht an dicht sitzen wir mit dicken Jacken und Gepäck auf dem Schoß in einem ehemaligen Nahverkehrsbus, der uns über Land fährt – quer durch Ostfriesland. Ich bin froh, einen Sitzplatz zu haben, denn der Tag war lang.

Auch in diesem Winter sind Zugverspätungen an der Tagesordnung und in ländlichen Regionen der Bus dann oft die letzte Möglichkeit, nach Hause zu kommen. Nach einer langen Außendienstwoche dennoch zermürbend. Das Protokoll des Kundenworkshops werde ich wohl am Wochenende schreiben – hier im Bus geht da nix. Ein Grund mehr, warum ich mich nach dem Triebzug sehne, der normalerweise diese Strecke fährt.

Die meisten anderen Fahrgäste dösen auch vor sich hin, draußen ist es schon fast dunkel, viel zu sehen gibt es nicht mehr. Ich freue mich auf zuhause, auf Kerzen, warmen Tee, Füße ausstrecken, tief durchatmen und einfach mal nichts denken, nichts planen, nichts organisieren.

Da höre ich ein Geräusch. Nein, kein Schnarchen – ganz leise fängt es an, es kommt von hinten.
Es klingt fast, als ob jemand ein Lachen unterdrückt und mehrfach leise gluckst. Ich drehe mich um, schaue ihn an, bemerke, dass ich zu grinsen beginne. Dann schauen sich auch andere um, verziehen ebenfalls die Mundwinkel.

Der „Gluckser“ scheint sich irgendein Video anzuschauen – oder hört er ein Hörbuch?
Ich kann es nicht erkennen.
Er kriegt sich inzwischen gar nicht mehr ein, lacht immer stärker, macht immer mehr Glucks-geräusche, merkt gar nicht, dass ihn viele anschauen, ist ganz in seine Fröhlichkeit vertieft.

Dann schaut er plötzlich hoch – sieht die vielen auf ihn gerichteten, grinsenden Gesichter –
und da explodiert sein Lachen.

Es wird laut, greift um sich, immer mehr können sich nicht dagegen wehren, haben keine Ahnung, warum sie eigentlich lachen, und irgendwann lacht der ganze Bus
– oder jedenfalls die meisten –
und selbst beim Busfahrer hat sich zumindest ein kleines Lächeln aufs Gesicht geschlichen, wie im Spiegel sichtbar ist.

Mein Abend ist gerettet. Die restliche Fahrt habe ich lauter fröhliche, bunte Gedanken im Kopf. Ich nehme an, dass es einigen Mitreisenden genauso geht.

Lächeln ist enorm ansteckend – es kann einen ganzen Bus infizieren!

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